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- Title
Falsche Geständnisse in polizeilichen Vernehmungen - Vernehmungsfehler oder immanente Gefahr?
- Authors
Volbert, Renate; May, Lennart
- Abstract
Im vorliegenden Beitrag wird die Rolle polizeilicher Vernehmungen beim Zustandekommen falscher Geständnisse diskutiert. Es wird argumentiert, dass polizeiliche Beschuldigtenvernehmungen per se eine suggestive Potenz aufweisen, da die Vernehmung von Beschuldigten nur dann erfolgt, wenn es Gründe für eine mögliche Täterschaft gibt. Die Vernehmung ist daher notwendigerweise mit einer gewissen Voreinstellung der Schuld verbunden, welche nachvollziehbarerweise nicht schon durch ein Abstreiten der Tat revidiert wird. Sind die Vernehmenden sich dieser suggestiven Struktur nicht bewusst, besteht bei ungünstigen Fallmerkmalen (uneindeutige Beweislage, Verdacht fällt auf unschuldige Beschuldigte, Beschuldigte machen Angaben) immanent die Gefahr, dass die Verdachtshypothese eine Tendenz zur Selbstbestätigung entwickelt und zutreffendes Zurückweisen des Tatvorwurfs als Leugnen missinterpretiert wird. Wird Geständnismotivierung als explizites Ziel polizeilicher Vernehmung gesehen, kann es passieren, dass vulnerable Beschuldigte in dieser Situation nachgeben und falsche Geständnisse ablegen. Audio- oder Videoaufzeichnungen von Vernehmungen würden die Rekonstruktion von Vernehmungsumständen und ggf. die Identifizierung von falschen Geständnissen erlauben und zudem die Erforschung unterschiedlicher Vernehmungsstrategien ermöglichen und so zu einer Qualitätssteigerung der Vernehmungspraxis beitragen. The current article addresses the significance of police interviews with suspects in the formation of false confessions. It is argued that suspect interviews inherently contain suggestive potential, as someone is only interviewed as a suspect if there are reasons to perceive him or her as guilty. Therefore, from the outset of the interview there is a tendency to believe that the suspect is guilty, which of course is not diminished simply by the suspect's denial of accusations. If the interviewer is not aware of this suggestive structure, especially in cases with unfavorable attributes (i. e., ambiguous evidence, suspicion of an innocent person, suspect's willingness to make a statement), there is the immanent risk that the hypothesis of the suspect's guilt gives way to self-affirmation so that honest refutation of accusations is misperceived as false denial. Furthermore, if the interviewer's aim is to motivate suspects to confess, there is a risk that especially vulnerable suspects may confess falsely. Audio and video recordings of suspect interviews could help to identify false confessions and to enable future research on interview techniques, and could thereby improve the practice of suspect interviews.
- Publication
Recht & Psychiatrie, 2016, Vol 34, Issue 1, p4
- ISSN
0724-2247
- Publication type
Article