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- Title
Die Gedanken sind frei. Überlegungen zur Freiheit von Inhalten und Ideen im Urheberrecht.
- Authors
Haberstumpf, Helmut
- Abstract
Der Grundsatz von der Freiheit der Gedanken und Ideen beschreibt ein Grundproblem, mit dem jede nationale und internationale Urheberrechtsordnung konfrontiert ist. In der Dogmatik des deutschen Urheberrechts wird versucht, es durch eine Unterscheidung zwischen geschützter Form und ungeschütztem Inhalt zu lösen. Durch eine systematische Analyse einer Reihe von Versionen dieser Form-Inhalt-Dichotomie und ihre Überprüfung auf ihre logischen Konsequenzen kann gezeigt werden, dass das Dogma von der Inhaltsfreiheit unhaltbar ist, weil es, je nachdem wie man die Begriffe Form und Inhalt interpretiert, in ein unauflösliches Dilemma führt: Entweder hat der Formschutz eine unangemessene Monopolisierung von Ideen und Gedanken zur Folge oder es gibt keinen effektiven Urheberrechtsschutz. Es wird deshalb untersucht, ob mit Hilfe des Begriffs der zugrundeliegenden freien Idee, der anders als die Form-Inhalt-Unterscheidung Eingang in die Regelwerke des deutschen und europäischen Urheberrechts gefunden hat, das Dilemma aufgelöst werden kann, indem man die zugrunde liegende Idee in eine bestimmte Relation zu einem konkreten Ausdruck setzt, in dem sie wiederkehrt. Wann sie im Verhältnis zu einer konkreten Ausdrucksform frei ist, hängt von Abwägungsentscheidungen ab, die die Rechte und Interessen der Urheber mit den Rechten und Interessen von Nutzern in Einklang zu bringen hat. Soweit schöpferische Ideen und Gedanken in unschöpferische Gestaltungen übernommen, d.h. in ihnen identisch oder wesentlich identisch reproduziert werden, hat der Gesetzgeber den Interessenkonflikt durch die Schaffung von Schrankenbestimmungen vorgeprägt. In diesen Fallkonstellationen ist Raum für eine Interessenabwägung nur insoweit gegeben, als die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschriften Auslegungsspielräume eröffnen. Eine umfassende Interessenabwägung wird aber dann erforderlich, wenn außerhalb der Anwendungsbereiche der Schrankenbestimmungen schöpferische Gedanken und Ideen sinnändernd in eine eigene schöpferische Ausdrucksform integriert werden, indem ein Nutzer sie verarbeitet und sich mit ihnen künstlerisch oder wissenschaftlich auseinandersetzt. Hier geht es um die Abgrenzung zwischen unfreier Bearbeitung und freier Benutzung. Das hier vorgestellte Konzept einer schrankenbasierten Interessenabwägung, das das Institut der freien Benutzung gem. § 24 UrhG einbezieht, wird vor dem Hintergrund des deutschen und europäischen Rechts eingehend erläutert. Dazu werden vier allgemeine Kriterien der Interessenabwägung vorgeschlagen, die gewährleisten sollen, dass das Recht der Urheber auf Schutz ihres geistigen Eigentums ebenso Berücksichtigung findet wie die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit von Nutzern.
- Publication
UFITA - Archiv für Medienrecht & Medienwissenschaft, 2020, Vol 84, Issue 1, p36
- ISSN
2568-9185
- Publication type
Article
- DOI
10.5771/2568-9185-2020-1-36